– Vortrag in der Reihe Café-Tribüne
Heimspiel für Bernd Merkle
Mehr als 40 Jahre lang hatte Bernd Merkle mit seiner Familie in Zell u.A. gewohnt und gearbeitet.
Lange war er Schulleiter der (damaligen) Grund- und Hauptschule. Viele seiner ehemaligen Schülerinnen und Schüler erinnern sich noch an den Pädagogen, der streng sein konnte, aber immer wieder seinen leisen, hintergründigen Humor aufblitzen ließ. Oft tat er dies in gereimter Form und seine schwäbischen Gedichte und Geschichten machten ihn zum gefragten Mundartdichter.
Als Bernd Merkle nun am vergangenen Samstag zu einer Lesung ins Zeller Dorfhaus einlud, reichten zwar die Stühle für das erwartungsvoll anströmende Publikum, aber der Platz dafür wurde recht knapp und nur einige dazwischengeklemmte Getränkekisten konnten verhindern, dass Stehplätze nötige wurden.
Einmal mehr erwies sich Bernd Merkle als der genaue Beobachter der Schwaben und ihrer Eigenarten. Aber nicht nur gründlich hingesehen, auch hingehört hat der knitze Dichter: Ob beim Seniorennachmittag der Gemeinde oder beim Wirtshausbesuch mit Zwiebelkuchen und Federweißem und der existentiellen Frage, ob man die Öchsle nach sechs oder nach acht Viertele besser schmeckt.
Ein besonderes Gedicht von Christian Morgenstern – der Flügelflagel –, so berichtete Bernd Merkle, habe ihn zu einer schwäbischen Form der Lautpoesie inspiriert und sofort ging er zu der tiefgründigen Frage über: „Send’ Henna henna oder send’ Henna dussa?“ Absolut sinnfrei aber urkomisch variierte er seinen Text, bis allen klar war: D’ Henna send henna oder dussa – je nachdem wo dr Goggeler isch.
Obwohl die Texte an einigen Stellen „schon arg schwäbisch“ waren, schien das begeisterte Publikum alles zu verstehen. Bis auf eine Ausnahme. Der Begriff „wiefla“ brauchte die eine oder andere Simultanübersetzung: „I wois au ed, wias hoist, aber i wois, wias gohd.“ Nun ja, es muss wohl eine mühselige Art der Kunststopferei sein, die löchrige Kleidungsstücke, zum Beispiel eine Unterhose, wieder wie neu aussehen lässt.
Das Publikum nahm nur zögernd Abschied von Bernd Merkle und dem Zeller Dorfhaus, weil „schee wars“. Ein Ehemann musste seine ins Gespräch vertiefte Gattin mahnen: „Schätzle, mr sodded gao gaoh.“ So sind sie dann – nach einiger Zeit – zufrieden in der Samstagsnacht verschwunden.
Dieter Kunzmann